Sommerrückblick 1

Wenn Ihr diese Zeilen lest, liegen die Sommerferien hinter aus. Für uns waren es lauter erste Male: Zum ersten Mal haben wir ein eigenes Angebot für Kinder gestaltet, zum ersten Mal unter Corona-Bedingungen gekocht und gegessen, zum ersten Mal mit vielen neuen und alten Kooperationspartnern auf diese Art und Weise zusammengearbeitet. Wir hatten insgesamt 2 x 3 Tage und 1 x 5 Tage eigenes Ferienprogramm mit jeweils neuen Kindergruppen, 3 Hortgruppen, 1 Kitagruppe und 1 Gruppe aus der offenen Kinder- und Jugendarbeit zu Besuch sowie viele kleine und große Begegnungen, spontane Garten- und Bienenbesichtigungen. Wir wussten bis kurz vor den Ferien nicht, ob all das in dieser Form überhaupt möglich ist. Wir haben uns wahnsinnig gefreut, dass, egal wen wir gefragt haben, alle sofort zugesagt haben und hilfsbereit waren – von Erde wegschippen durch die Pfadfinder über spontane Zusagen zur Kursleitung bis hin zu jugendlichen Helfern, Ausleihe von Ausrüstung und Fahrdiensten. Wir bedanken uns hier bei unseren Partnern, die uns finanziell diese Ferien ermöglicht haben: Stadt Potsdam – Koordinierungstelle Nachbarschafts- und Begegnungshäuser, Stiftung Town & Country, Mittelbrandenburgische Sparkasse, Penny.

Bis Anfang Juni durften nur einzelne Personen auf die Habichtwiese, um die dringendsten Arbeiten zu erledigen. Wir waren sehr froh, dass dann mit der Umgangsverordnung wieder kleinere Aktivitäten möglich waren. Wir haben einen corona-gerechten Küchentresen gebaut mit sog. Spuckschutz und einer lebensmitteltauglichen Edelstahlplatte, haben ca. 3 Kubikmeter Holz-Hackschnitzel verarbeitet und neue Baumscheiben angelegt, ca. 200 qm Wiese mit hochspezialisiertem, regionalem Saatgut in eine Blühwiese verwandelt, an ca. 20 Bäume eine Drainage gelegt zur leichteren Bewässerung, ca. 80 Meter PE-Rohr unterirdisch verlegt, div. Kleinteile reparariert und mal wieder etwas Müll weggeräumt. Wir haben Sachspenden bekommen: Einen weiteren kleinen Gartenteich, einen Grill, Gemüsepflanzen und Ziergras.

Die Familienbeete sind gewachsen und gewuchert: Erste Versuche mit Permakultur haben riesige Kürbispflanzen und kleine leckere Tomaten hervorgebracht, eine Kräuterspirale und ein Bohnentipi sind dazu gekommen. Es gab auch fleißige Mit-Esser: Vom dreimaligen Nachlegen der Bohnensamen beim Bohnentipi hat vor allem das örtliche Reh profitiert, das im übrigen auch auf Blumenkohl und Frühlingsblumen steht. Mahlzeit! Nächstes Jahr pflanzen wir doppelt so viel und machen ein Schild dran für Bambi.

Was uns aufgefallen ist: Wir hatten noch nie so viele Blütenpflanzen und Insekten auf der Wiese wie in diesem Jahr. Mag es an dem etwas regenreicheren Vorsommer gelegen haben oder auch daran, dass sich unsere jahrelange Arbeit langsam auszahlt. Viele Besucher standen staunend in dem blühenden und summenden Paradies und verloren sich darin. Das Gras und die Blütenpflanzen waren zeitweise weit über 1.20 Meter hoch. Inzwischen ist die Vegetationsperiode schon fast vorbei und die Wiese sommertypisch trocken und braun. Wenn man genau hinsieht, kann man aber immer noch die ein oder andere Besonderheit entdecken: Habichtskraut (ja, auf der Habichtwiese, wir haben uns das nicht ausgedacht), wilde Malven und sogar Lilien. Im Birkenwäldchen ist seit ca. Mitte Juni ein Pirol zu hören, den hatten wir dort bisher noch nicht wahrgenommen. Dazu kommt die Sichtung eines Neuntöters und, eine kleine Sensation: ein Wiedehopf. Davon gibt es nur noch ca. 400 Brutpaare in ganz Deutschland.

Am 17.+18.7. fand in Kooperation mit dem BUND KV Potsdam ein lang geplanter Sensenworkshop statt. 8 Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernten ganz viel Theorie und in der Praxis vor allem das richtige Vorbereiten des Sensenblattes, das gelernt werden muss und einfacher aussieht als es ist. Jetzt sind wir gut gerüstet, der Goldrute mit den Handsensen den Garaus zu machen und vor allem artenschonend zweimal im Jahr einen hohen Grasschnitt durchzuführen.

In der letzten Woche der Sommerferien haben wir ganz besondere Gäste auf der Habichtwiese: Ein paar Leih-Schafe helfen uns beim „MÄHen“, falls das mit den Sensen doch noch nicht so ganz klappen will. Es sind nur Guck- und keine Streichelschafe, wir finden, sie bereichern die Wiese trotzdem ungemein. Wir danken dem Schafpapa für die Leihgabe und die ganze Vorbereitung dazu.

Eine neue, sehr „crossover“ und für uns sehr spannende Kooperation bahnt sich gerade an: Zusammen mit dem Botanischen Garten der Universität Potsdam und Studierenden wird es eine Artenaufnahme auf der Habichtwiese geben. Bei dem Projekt „Die politische Pflanze“ „liegt der inhaltliche Schwerpunkt auf der Vermittlung von Kenntnissen der einheimischen Pflanzenarten und ihrer spezifischen Lebensräume. Nur mit Artenkenntnissen können die Folgen der Vernichtung von Lebensräumen, zum Beispiel durch Baumaßnahmen, angemessen beurteilt und das Ziel der Erhaltung der biologischen Vielfalt bei Nutzungskonflikten sachgerecht vertreten werden.“

Was sonst noch geschah:

Die Stadtverordnetenversammlung hat am 3.6. beschlossen, dass die Stadt Potsdam sich an dem Bundeswettbewerb „Naturstadt – Kommunen schaffen Vielfalt“ beteiligt – mit unserem seit vielen Jahren in der Schublade liegenden Projekt „Wiesentagebuch“. Im November entscheidet eine Jury, ob das Projekt mit zu den Gewinnern gehört. Wir sind gespannt und danken den UnterstützerInnen in der SVV für das Einreichen und Abstimmen. In diesem Projekt sollen in zwei Stadtteilen verschiedene Kindergruppen Grünflächen über einen längeren Zeitraum beobachten und die Veränderungen dokumentieren und dabei etwas über wissenschaftliche Arbeitsmethoden lernen.

Wir haben ziemlich spontan zum 12.6. Stadtverordnete, Fraktionsvorsitzende und VerwaltungsmitarbeiterInnen zu einem Mittagsspaziergang über die Habichtwiese eingeladen. Über 20 Personen haben daran teilgenommen, wir haben uns sehr darüber gefreut, dass das trotz der Kurzfristigkeit möglich war. Wir haben viele Geschichten erzählt und über unsere Arbeit und Ziele berichtet.